Das Euthanasie-Programm der Nazis wäre ohne die gedankliche „Vorarbeit“ und praktische „Mitarbeit“ von Kirchenvertretern wohl kaum in dieser Form durchführbar gewesen. 

Die Kirche bereitet die spätere Vernichtung der Behinderten mit vor. So erscheint 1927 z. B. das Buch Gesetzliche Unfruchtbarmachung Geisteskranker, ein römisch-katholisches "Standardwerk". Das Werk stammt von dem Moraltheologen Dr. Joseph Mayer vom Institut für Caritaswissenschaften in Freiburg.. Darin warnt Dr. Mayer u. a. vor der Sexualität Behinderter und schreibt: "Erblich belastete Geisteskranke befinden sich in ihrem Triebleben auf der Stufe unvernünftiger Tiere". An anderer Stelle schreibt Dr. Mayerk: "Wenn darum ein Mensch der ganzen Gemeinschaft gefährlich ist und sie durch irgendein Vergehen zu verderben droht, dann ist es löblich und heilsam, ihn zu töten, damit das Gemeinwohl gerettet wird." 13 Jahre später, im Jahr 1940, setzen die Nationalsozialisten dann diese kirchliche Forderung in die Tat um. Zwar spricht sich der Vatikan (anders als die evangelische Kirche) im Jahr 1930 offiziell gegen die Zwangssterilisation Behinderter aus, doch kooperieren die katholischen Einrichtungen in Deutschland später bei der Sterilisation und nachfolgenden Ermordung mit den staatlichen Stellen und gestehen dem Staat hier z. B. "Notwehr" zu.

Auf protestantischer Seite denkt man ähnlich. Im Mai 1931 treffen sich in Hessen (in der Anstalt "Hephata") die Anstaltsleiter der evangelischen Inneren Mission in Deutschland zu einer "Evangelischen Fachkonferenz für Eugenik". Zwei Jahre vor der Machtübernahme durch die NSDAP besprechen die führenden Vertreter der evangelischen Diakonie bereits die Sterilisierung und spätere "Vernichtung" "lebensunwerten Lebens". Während man sich auf die Forderung nach Sterilisierung in der so genannten Treysaer Erklärung einigt, wird die Ermordung kontrovers diskutiert. Der Leiter des Referates "Gesundheitsfürsorge" beim Centralausschuss der Inneren Mission, Dr. Hans Harmsen, tadelt diejenigen Anstaltsleiter, die hier noch zögern und hält ihnen vor: "Dem Staat geben wir das Recht, Menschenleben zu vernichten, Verbrecher und im Kriege. Weshalb verwehren wir ihm das Recht zur Vernichtung der lästigsten Existenzen?"
Angehörige haben ihre Kinder oder andere Familienangehörigen in der Regel in gutem Glauben kirchlichen Einrichtungen anvertraut und wussten nicht, wie dort vielfach über diese Menschen gedacht wurde.

Die Geistlichkeit und der Nationalsozialismus: Das ist ein dunkles Kapitel deutscher Kirchengeschichte. Nur wenige Pfarrer, Diakone und Bischöfe besaßen den Mut und die Einsicht, von der Kanzel gegen das Regime zu predigen. Nur wenige wehrten sich gegen das Programm zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Und nur wenige kritisierten später den Massenmord an den Juden. Die anderen aber unterstützten oder duldeten zumindest stillschweigend die Politik Hitlers.

Verhaltene Proteste: Gegen die von 1939 bis 1941 laufende „Aktion T4“, der rund 70.000 Anstaltsbewohner in Deutschland zum Opfer fielen, erstellte der Lobetaler Anstaltsleiter und Vizepräsident des Central-Ausschusses, Pfarrer Paul Gerhard, Braune im Sommer 1940 eine zeitgenössisch einzigartig detaillierte Denkschrift, die über die Kirchenleitung der Reichskanzlei zugestellt wurde. Im Rheinland und in Westfalen verweigerten die Anstaltsleitungen die Ausfüllung der Meldebogen, die die Auswahl der zu Tötenden bestimmen sollten und wurden im Gegensatz zu anderen Regionen von Abtransporten ihrer Patienten bis zum Stopp der „Aktion T4“ im Sommer 1941 verschont.

=> eine umfassende Ausführung zum Thema

Quellen:

[1] http://www.deutschlandfunk.de [Stand 04.04.2016]

[2] http://www.kirchenopfer.de [Stand 04.04.2016]