Gedenken an die Opfer der NS - Euthanasie
'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist'

Wir wollen so vielen Opfern wie möglich ihre Identität wieder geben.


Über den Lebensweg von Emma Dapp und ihren Weg in die Mordfabrik ist Dank ihres Enkel Hans-Ulrich Dapp vieles bekannt. Ihr Charakter jedoch und auch das Krankheitsbild, das sie in die Psychiatrie gebracht hatte und so zum Opferkreis von Grafeneck werden ließ, ist wenig bekannt. Oder aber: das, was bekannt ist, ist nicht unbedingt glaubwürdig. Denn Emma Dapp wurde von ihrer Schwester Helene Zeller dominiert. Die Schwester, eine Diakonissin, ließ Emma als „haltlos“ abstempeln, als Emma ein uneheliches Kind bekam, und brachte sie in der Psychiatrie unter. Es gehört zur Tragik der Geschichte von Emma Dapp, dass ihr Leid und ihr Tod auch durch die eigene Schwester mit verursacht wurden.
Dapp Emma16.03.1889 wurde Emma Dapp in Stuttgart geboren, Alleenstraße 28, der Vater Adolf war Arzt, die Mutter hieß ebenfalls Emma, geborene Binder, sie starb 4 Tage nach der Geburt.
Der Vater war Krebsforscher mit eigenen Instituten in Heidelberg und Weilheim. Er muss sehr streng gewesen sein. Die Familie tendierte wohl dazu, Erbfaktoren im Guten wie im Belastenden viel Bedeutung zuzumessen. Emma, so „beschloss“ die Familie, war belastet.
Emma verlobte sich 1911 mit dem Pfarrer Eugen Dapp, zunächst Pfarrer in Weilheim, dann in Kleingartach bei Heilbronn. Die Ehe soll nicht glücklich gewesen sein. Eugen war Jahrgang 1880, also 9 Jahre älter. Aber die beiden haben 4 Kinder, von denen eines jedoch sehr früh starb. Auch Eugen Dapp starb jung, schon 1918, an der asiatischen Grippe. Emma ist mit 29 Jahren Witwe.
Jetzt geriet sie in die Fänge ihrer Schwester, der einflussreichen Diakonissin Helene Zeller, die ihr die Kinder wegnahm. Es ist unklar, warum Emma Dapp sich das gefallen ließ. Möglich, dass ihr nach dem Tod von Mann und Kind die Kraft fehlte, sich zu wehren. Emma zog 1922 nach Mannheim in die Gärtnerstraße 5, wo sie bei zwei Diakonissinnen untergebracht war.
Im Herbst 1927 wurde Emma schwanger, sie war da 38 Jahre alt. Sie bringt weit weg in der Nähe von Leipzig ihre Tochter Ruth zur Welt, 1928. Auch diese Tochter wird ihr von der Schwester Helene weggenommen. Dann veranlasst die Schwester, dass Emma in die Psychiatrie Weinsberg/Weissenhof eingeliefert wird. Die Diagnose ist unklar bzw. sie entspricht in keiner Weise heutigen Maßstäben, im Zentrum steht eine „Haltlosigkeit“.
Acht Jahre lebt Emma Dapp dann in Weinsberg/Weissenhof. Die Akten zeigen, dass sie immer wieder verlegt wird, mal ist sie in einer Abteilung für Kranke, die auf den Weinbergen arbeiten, also die Klinik verlassen dürfen, dann wieder in einer geschlossenen Abteilung.
Emma Dapp hat wenige Wochen vor ihrem Tod einen Brief an ihre Schwester geschrieben. Die Gerüchte, dass Kranke ermordet werden, hatten sie erreicht, auch muss ihr eine Ärztin gedroht haben. Emma Dapp ahnte, in welcher Gefahr sie schwebte. Ihre Schwester nahm das nicht ernst.
Am 4. Juni 1940 wurde Emma Dapp mit 88 anderen Frauen nach Grafeneck gefahren und ermordet. 

 

Quelle:

[1] Planet Schule, Spuren der NS-Zeit, https://www.planet-schule.de [Stand 01.02.2019]

[2] Zeller-Dapp, Emma, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118972251.html [01.02.2019]

[3] Emma Z. Ein Opfer der Euthanasie Taschenbuch – Februar 2000 [Stand 01.02.2019]

 

Hans-Ulrich Dapp hat 1990 mit diesem Buch eine Pionierleistung vollbracht, die auch heute noch mehr als lesenswert ist. Dapp hat damals das Schweigen gebrochen. Denn er hat seine bis dahin schamvoll verschwiegene Familiengeschichte für die Zeit des Dritten Reichs recherchiert und aufgeschrieben. Verschwiegen wurde diese Geschichte übrigens nicht wegen etwaiger Täterschaft oder Komplizenschaft, sondern aus Scham wegen des Opfers. Denn die Großmutter des Autors wurde als Psychiatriepatientin, als "Geisteskranke", im Rahmen des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten, der Aktion T4, in einer als Duschraum getarnten Baracke vergast. In Grafeneck auf der Schwäbischen Alb. Dieser verschwiegenen Großmutter hat Dapp mit seinem Buch ein Denkmal gesetzt.

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