Fünfzig Jahre nach den Morden entstand 1990 unter dem Leitgedanken: „Das Gedenken braucht einen Ort“, die Gedenkstätte Grafeneck. Die als offene Kapelle konzipierte Gedenkstätte entstand nach den Plänen des Nürtinger Architekten Professor Weinbrenner. Bauträger war die Samariterstiftung. Zur Finanzierung der Gedenkstätte haben beigetragen: Das Land Baden-Württemberg, die Württembergische Landeskirche, das Diakonische Werk in Württemberg, die Kommunen Gomadingen und Münsingen, der Landkreis Reutlingen, der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, die Samariterstiftung, der Kirchenbezirk Münsingen sowie kirchliche Gemeinden und Jugendwerke in Württemberg, private Spender und Firmen aus der Region. Die künstlerische Gestaltung der Gedenkstätte lag bei dem Bildhauer Rudolf Kurz aus Stimpfach.
Die bei einem internationalen Aufbaulager im Sommer 1989 von jungen Leuten errichtete Natursteinmauer führt zu der Gedenkstätte hin. Ein Riss in der Rückwand drückt den Schmerz über das unmenschliche Geschehen aus. Davor ein Altar aus blauem Granit, an seinem Sockel angedeutet: verkrampfte, suchende, stützende Hände. Im Altar eingemeißelt ein schlichtes Kreuz. Die stählernen Träger des Daches erinnern an die Dornenkrone. Das Dach bildet ein Fünfeck. »Du sollst nicht töten.« (5. Gebot). Von der Gedenkstätte geht der Blick auf die Wiese, wo 1940 das Todesareal war und hinüber zum Kreuz auf dem Friedhof von Grafeneck.

Eine in die Erde eingelassene steinerne Schwelle am Zugang zur Gedenkstätte nennt die Namen der über vierzig baden-württembergischen und bayerischen Einrichtungen und Heime, aus denen Menschen zur Tötung nach Grafeneck gebracht wurden. Das vom Verein „Gedenkstätte Grafeneck“ 1995 erstmals der Öffentlichkeit übergebene Gedenkbuch bewahrt, bis heute fortgeschrieben, die Namen von über 8.000 Opfer des Massenmordes. Wenigstens ein Teil der Opfer wurde hiermit der Anonymität entrissen, jedoch scheint auch nach fünfzehnjähriger Forschung ein Ende der Suche noch nicht in Sicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden nicht mehr Namen und Schicksale zu rekonstruieren sein. Aus diesem Grund erinnert seit 1998 der so genannte Alphabet-Garten an die „bekannten und die unbekannten Opfer“ von Grafeneck. Die als Granitquader in die Erde eingelassen 26 Buchstaben des Alphabets, geschaffen durch die amerikanische Künstlerin Diane Samuels, sind inzwischen ein fester Bestandteil der Gedenkstätte. Zu den ursprünglichen Kernaufgaben des Gedenkens und Mahnens traten in den letzten Jahren verstärkt solche der Forschung und der historisch-politischen Bildungsarbeit hinzu. Nahezu 15.000 Besucher kommen jedes Jahr an die Gedenkstätte. Oftmals gilt ihr Besuch der Gedenkstätte und dem Samariterstift Grafeneck. Im Jahr 2005 entstand nach zweijähriger Bauzeit das Dokumentationszentrum Gedenkstätte Grafeneck. Als Ort der Information bildet es eine Ergänzung zur Gedenkkappelle, dem eigentlichen Ort der Erinnerung. Im gleichen Jahr übernahm Ministerpräsident Günther Öttinger für das Land Baden-Württemberg die Schirmherrschaft für die Gedenkstätte und das Dokumentationszentrum.
Es ist die Gleichzeitigkeit von zentraler Gedenkstätte für die Opfer der NS-„Euthanasie“ in Baden-Württemberg und die Existenz des Samariterstifts als einer modernen Einrichtung der Behindertenhilfe und Sozialpsychiatrie, die die Singularität dieses Ortes nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart ausmacht.

Zur Erinnerungstopografie Gedenkstätte Grafeneck zählen heute

  • das neue Dokumentationszentrum
  • die Gedenkstätte als offene Kapelle mit Gedenk-/Namensbuch und Alphabet-Garten
  • der Friedhof mit dem frühen Gedenkort von 1962
  • das Schlossgebäude als Sitz der Täter
  • die nur noch in Umrissen sichtbare Vernichtungsanlage

Quelle: http://www.gedenkstaette-grafeneck.de [Stand 27.07.015]