Gedenken an die Opfer der NS - Euthanasie
'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist'

Wir wollen so vielen Opfern wie möglich ihre Identität wieder geben.


Hinter einer säuberlich durchgestrichenen Nummer ist Maria Duffner aus Bad Cannstatt zu suchen. Wegen Depression mit Suizidgefahr wurde sie wird im Juli 1934 ins Bürgerhospital aufgenommen. Bewegt nahm sie Abschied von ihren beiden Töchtern, die sie begleitet haben. Den beiden ist die Veränderung ihrer Mutter seit zwei Jahren schon aufgefallen. Habe sie zuerst über Wechseljahrbeschwerden wie Herzklopfen, Hitzewallungen und Unwohlsein geklagt, leide sie seit einem halben Jahr darüber hinaus unter Schlaflosigkeit und zeige sich zunehmend im Wesen verändert, ziehe sich immer mehr zurück. Ihre enorme Vergesslichkeit falle auf. Seit wenigen Wochen mache sie sich außerdem Selbstvorwürfe, etwa wegen einer lange zurückliegenden belanglosen Streiterei. Maria Duffner, 1883 in Oberberken (Oberamt Schorndorf) geboren, ist zu diesem Zeitpunkt seit sechs Jahren verwitwet. Vor ihrer Ehe ging sie sieben Jahre ins Büro zur Arbeit. Dann war sie Hausfrau und Mutter, ein Kind ist ihr sehr früh gestorben. Als im Wesen sehr gutmütig, charakterisieren die Töchter ihre Mutter, sie komme mit jedermann gut aus, man habe sie überall gern. Die Mutter sei religiös, seit einigen Jahren habe sie eine “Stunde” besucht. Auch kritische Töne klingen im Bericht der Töchter an: Der Vater habe immer nachgeben und viel Nachsicht üben müssen, auch sei die Mutter in der Arbeit oberflächlich und an sich selbst nicht pünktlich.

Den Haushalt habe sie alleine nicht oder nicht richtig versehen können, immer hätte die Familie mithelfen müssen. Maria Duffner ist erst zwei Monate im Bürgerhospital, als ihre Tante stirbt, sie ist Miterbin, jedoch erweist sich, dass eine Pflegschaft eingerichtet werden muss, weil sie aufgrund ihrer Gemütskrankheit nicht geschäftsfähig ist. Der behandelnde Arzt legt Wert darauf, dass seiner Patientin der Tod ihrer Tante verschwiegen wird. Im Dezember - Frau Duffner ist bald ein halbes Jahr hospitalisiert - wird erneut das Vormundschaftsgericht bemüht, weil eine der beiden Töchter heiraten will, aber noch minderjährig ist. Die ärztlichen Diagnosen deuten auf eine Verschlimmerung des Zustandes hin.

Frau Duffner wird Ende 1934 in die Heilanstalt Weissenau verlegt. Aus Sorge um das weitere Schicksal ihrer „lieben Mutter“ wenden die beiden Töchter sich wiederholt an die behandelnden Ärzte und bitten um Auskunft. So oft ihre Zeit es erlaubt, besuchen sie die Mutter, 1938 erwägen sogar, sie nach Hause zu nehmen, nötigenfalls eine größere Wohnung mit Badezimmer zu mieten. Eine der Schwestern hat den Plan brieflich in allen Einzelheiten einer Ärztin unterbreitet. Er war ganz sicher nicht realisierbar. Wenig später kündigt die andere Schwester derselben Ärztin ihren Besuch an. Im September des folgenden Jahres teilt sie der Anstalt ihre und ihrer Schwester neue Anschrift mit.

Im August 1940 dürfte sie dann die Nachricht vom Tod ihrer Mutter erreicht haben. Ein Bus der Gemeinnützigen Kranken-Transport-G.m.b.H. (Gekrat) hatte sie am 1. August 1940 abgeholt und nach Grafeneck gebracht. Dort wie mehr als 10 000 andere als „namenloser Summand einer sprachlosen Summe“ vergast.

 

Cannstatter Stolperstein-Initiative, Rainer Redies

 

Quelle:

[1] http://www.stolpersteine-cannstatt.de [Stand 04.04.2016]

 

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