Das Bundesarchiv erleichtert Recherche nach Opfern der NS-"Euthanasieverbrechen". Die rund 30.000 Krankenakten von Opfern der NS-"Euthanasie" und ist nun auch beim Bundesarchiv über eine Datenbank erschlossen, die unter anderem Namen, Geburtsdaten und Anstaltsorte zu den Opfern der Tötungsverbrechen enthält. Diese Informationen stellt das Bundesarchiv jetzt auch online bereit.
Damit haben Hinterbliebene von "Euthanasie"-Opfern die Möglichkeit festzustellen, ob beim Bundesarchiv Unterlagen zu ihren Angehörigen vorliegen, ohne dafür das Bundesarchiv aufsuchen oder kontaktieren zu müssen. Auch für Gedenkstätten und Erinnerungsorte wird die Recherche durch diesen Schritt erheblich vereinfacht.
Die Frage der Veröffentlichung der Namen von Opfern der NS-"Euthanasie" war lange Jahre Gegenstand einer gesellschaftlichen Debatte. Aufgrund der fortwirkenden Stigmatisierung körperlicher und geistiger Behinderung in der Bundesrepublik hatten einzelne Familienangehörige und der Bund der "Euthanasie"-Geschädigten lange Zeit Widerspruch gegen eine Veröffentlichung der Namen eingelegt. In jüngerer Zeit wurde aber vermehrt öffentliche Kritik an der daraus resultierenden und durch Gerichtsentscheidungen bestätigten restriktiven Praxis der Archive geübt. Eine Petition an den Deutschen Bundestag, die Diskussion um das Münchener Gedenkbuch für die Opfer der NS-"Euthanasie" und die Erkenntnisse aus einer Konferenz der Kulturstaatsministerin zum Thema „Gedenken und Datenschutz“ haben mit zu einer Neubewertung der Frage beigetragen.
Das Gutachten des früheren Vizepräsidenten des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Ehrhardt Körting, aus dem Jahr 2014, kam ebenfalls zu dem Schluss, dass durch Wiedergabe von Namen, Geburts- und Sterbedaten der Opfer keine schutzwürdigen Belange der Angehörigen verletzt würden. Einer gesetzlichen Schutzfrist unterliegen die personenbezogenen Akten des Bestands R 179 ohnehin nicht mehr.
Nach intensivem fachlichen Austausch und vor dem Hintergrund des breiten Einvernehmens darüber, dass im Zeitalter der Inklusion die Opfer der NS-Euthanasie nicht länger verschwiegen werden dürfen und ein liberalerer Umgang mit den archivischen Quellen zur NS-"Euthanasie" im Interesse der wissenschaftlichen und familiengeschichtlichen Forschung geboten ist, hat sich das Bundesarchiv zur Veröffentlichung der Erschließungsdaten entschlossen. Die Nutzung der einzelnen Akten, die sensible Krankenunterlagen enthalten können, muss allerdings weiterhin einer sorgfältigen Prüfung und Güterabwägung im Einzelfall unterliegen.
Quelle:
Das Bundesarchiv [Stand 03.09.2018]