Die nationalsozialistische Regierung beschlagnahmte im Oktober 1939 das ehemalige Jagdschloss württembergischer Herzöge in Grafeneck. Am 13. Oktober 1939 wurde von Richard Alber, von 1938 bis 1944 Landrat des Landkreises Münsingen, verfügt, dass das Schloss Grafeneck am Folgetag zu räumen sei. Am 14. Oktober 1939 wurde es „für Zwecke des Reiches“ offiziell beschlagnahmt.
Von Oktober 1939 bis Januar 1940 wurde das ehemalige Samariterstift Grafeneck zielgerichtet in eine Mordanstalt verwandelt. Im Schlossgebäude wurden Wohn- und Verwaltungsräume, ein Standesamt sowie ein Polizeibüro eingerichtet. Auf dem Schlossgelände wurden eine Holzbaracke mit etwa 100 Betten, ein Stellplatz für die grauen Busse, ein Krematoriumsofen und ein Vergasungsschuppen erbaut. Außerdem wurde Personal aus Stuttgart und Berlin rekrutiert: Ärzte, Polizeibeamte, Büroangestellte, Pflege- und Transportpersonal, Wirtschafts- und Hauspersonal sowie Wachmannschaften und Leichenbrenner.
Hier war auch die Zentralstelle der „Gemeinnützigen Krankentransport GmbH“ (Gekrat) angesiedelt, welche für die Transporte der Aktion T4 zuständig war und von Reinhold Vorberg geleitet wurde.
Die systematische Ermordung im Rahmen der Aktion T4 begann am 18. Januar 1940 in Grafeneck in einer als Duschraum getarnten Gaskammer, die sich in einer „Garage“ befand. Der Anstaltsarzt ließ durch Bedienen eines mit einem Manometer versehenen Ventils Kohlenmonoxid in den Vergasungsraum einströmen. Die ersten ermordeten Patienten stammten aus der Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar. Bis Dezember 1940 wurden mindestens 10.654 Kinder, Frauen und Männer aus Württemberg und Hohenzollern, Baden, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen nach Grafeneck deportiert und dort ermordet. Ihre Leichen wurden verbrannt, die Asche verstreut, die Spuren ihres Lebens verwischt, die Verbrechen vertuscht. Nichts sollte mehr an die Opfer und Täter erinnern. Am 13. Dezember 1940 wurden die letzten Opfer im Krematorium verbrannt.
Die Schließung der Tötungsanstalt Grafeneck hatte verschiedene Gründe. Der Versuch, die Morde geheim zu halten, scheiterte, aber auch immer häufiger auftretende Proteste seitens der Kirche und der Anstalten waren Gründe gewesen. Nach der Schließung wurde das Personal in die hessische Tötungsanstalt Hadamar verlegt. Dort und in anderen Tötungsanstalten gingen die Krankenmorde bis August 1941 ungehindert weiter. Das Schlossgebäude diente in den folgenden Jahren der so genannten Kinderlandverschickung.
Quelle: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%B6tungsanstalt_Grafeneck [Stand 26.07.2015]
>> Liste der Opfer, die der Tötungsanstalt Grafeneck zugeordnet werden können