Gedenken an die Opfer der NS - Euthanasie
'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist'

Wir wollen so vielen Opfern wie möglich ihre Identität wieder geben.


Goehre FriedaFrieda Tölzing, geboren am 20.November 1903 in Halle, ist klein und zart gebaut. Infolge einer Lungenerkrankung lernt sie etwas später als normal laufen und sprechen und wird auch ein Jahr später als gewöhnlich eingeschult. Die Eltern schildern ihren Charakter als schon immer "ernst und besinnlich". Sie ist eine gute Schülerin und erlernt nach dem Schulabschluss die Damenschneiderei. 1931 heiratet sie in Halle den Schlosser Otto Göhre und schenkt einem Kind das Leben.
Nach dem Tod des Vaters heiratet die Mutter erneut und trägt fortan den Namen Sickert, was später zu fehlerhaften Angaben in den Krankenakten führen wird, wo man Frieda Göhre zeitweise als geb. Sickert bezeichnet.

Im Jahr 1934 verändert sich Friedas Wesen. Sie hört Stimmen, ist erregt und nicht mehr in der Lage, sich selbst und das Kind zu versorgen. Am 3.September 1934 wird sie in die Universitätsnervenklinik Halle eingewiesen und nach kurzem Aufenthalt in der Landesheilanstalt Nietleben im Mai 1935 in die Landesheilanstalt Altscherbitz überwiesen, wo sie die nächsten (und letzten) fünf Jahre ihres Lebens verbringen wird. Diagnose: "Paranoide Schizophrenie mit Erregungszuständen".

Frieda Göhre erhält ruhigstellende Medikamente und muss immer wieder "ins Netz", eine Einrichtung, mit denen Patienten, ihrer Bewegungsfreiheit beraubt, im Bett festgehalten werden - noch heute in Schkeuditz im anstaltseigenen Museum zu besichtigen.

1936 beantragt Friedas Ehemann die Annullierung der Ehe und der behandelnde Abteilungsarzt erstellt für das Landgericht Halle ein Gutachten in der "Eheanfechtungssache". Er kommt zu dem Schluss:
"Die Beklagte besaß die krankhafte Erbmasse bereits bei Eingehung ihrer Ehe mit dem Kläger. Die Nachkommen werden zu einem hohen Hundertsatz die gleiche krankhafte Erbmasse erhalten. Ohne weiteres darf angenommen werden, dass der Kläger diese Frau nicht geheiratet hätte, wenn er ihre Veranlagung und deren Folgen für die Nachkommenschaft gekannt hätte…"

Der gleiche Arzt protokolliert in den folgenden Jahren das wechselhafte Verhalten der Patientin, ihre Reaktionen auf die Besuche von Mutter und ehemaliger Schwiegermutter. Im Januar 1940 notiert er: "Seit Anfang des Jahres zugänglich, freundlich, geordnet und arbeitsam." Frieda fertigt Stickereiarbeiten an. Im Juli 1940 beantragt die Mutter "auf mehrfach persönlich und schriftlich geäußerten Wunsch meiner Tochter" ihr "einen Urlaub zu gewähren". Der Arzt lehnt ab: "Das wechselnde aber überwiegend erregte und verkehrte Verhalten gestattet die Beurlaubung Ihrer Tochter vorläufig noch nicht."
Die Krankenakte endet mit einem Vermerk in anderer Handschift:
"6.12.40. Auf Anordnung in eine unbekannte Anstalt verlegt."
An diesem Tag wird die 37jährige Frieda Göhre nach Bernburg gebracht und in der Tötungskammer der "Heil- und Pflegeanstalt" mit Gas ermordet.

 

Göre Frieda Bericht 01

Göre Frieda Bericht 02 

Quellen:

[1] Bundesarchiv

[2] http://www.zeit-geschichten.de {Stand 26.07.2015]

[3] Gedenkort T4 [Stand 05.02.2019]

[4] Verlegte Steine 17. Mai 2008 [Stand 22.01.2021]
 
überarbeitet am 22.01.2021

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